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Der Goodie-Wahn. Muss das sein?

Die Produktion von Goodies scheint mir langsam zu einem Wahn zu werden. Lesezeichen, Postkarten, Becher, Stifte, Lippenstifte - das sind ja schon gängige Buchgoodies. Doch es geht noch weiter: Gebasteltes, Gemaltes, Gestricktes, Getöpfertes, Genähtes, Ausgestanztes, Gegossenes, noch mehr Lesezeichen, Stofftiere, Schlüsselanhänger, Dinge zum Aufhängen, zum Anziehen, zum Hinstellen, zum Waschen, Kochen, Trinken... 
STOP! 
Muss das wirklich sein?
Es geht doch um Bücher?

Oder? ...

Ich will das nicht herabwürdigen, wie viel Mühe sich manche AutorInnen machen. Absolut nicht! Aber erkennt denn noch irgendjemand die Bücher hinter all diesen kleinen, zugegeben, süßen, tollen und kreativen Goodies und Geschenken? Ja? Glückwunsch. Denn mir geht es leider immer häufiger so, dass ich vom Buch kaum noch etwas mitbekomme. Titel vielleicht noch. Aber worum geht es darin denn genau? Doch nicht um Basteleien. Oder doch?

Ich gebe es zu: Manchmal bin ich schon neidisch auf die tollen Ideen und die Kunstfertigkeit mancher Kolleginnen und Kollegen. Ich kann nicht basteln, doch, was viel wichtiger ist: ich bin Autorin. Nicht Tine Wittler, Eni oder wie sie alle heißen. ICH. SCHREIBE. BÜCHER.

Das könnte man eigentlich so stehen lassen, aber dann wäre dieser Beitrag doch recht kurz. Also gehe ich mal näher darauf ein:
Warum ich keine Goodies für meine Bücher bastle.
Das ist im Grunde schnell abgefrühstückt, denn es gibt genau zwei Punkte:

Erstens: Ich bin eine Bastelniete. 
Ist so. Ich habe es schon so oft probiert, aber es liegt mir einfach nicht, ich hab keinen Spaß daran und am Ende sieht alles fürchterlich aus. Das wollt ihr nicht einmal geschenkt bekommen. Glaubt mir.

Zweitens: Ich habe dafür keine Zeit. 
Wobei das nicht ganz korrekt ist. Es müsste heißen: Ich will meine Zeit dafür nicht aufwenden. Klingt fies? Keineswegs. 
Neben meinem Brotjob, der mich bereits den ganzen Vormittag Zeit kostet, habe ich zwei Kinder tagsüber allein zu versorgen. Wer Kinder hat, kennt das und weiß, was da alles anfällt: Fahrdienst zum Sport, zu Verabredungen, zum Arzt, Elternabende, Kuchenbackaktionen für Schulfeste, Schulfeste an sich, Hausaufgabenbetreuung, Seelsorge, Erziehung (ist ja leider nicht in zwei Minuten abgehakt), Unternehmungen usw. usf.
Hinzu kommt ein Haus plus Garten. Einkauf, Kochen, Putzen, Gartenarbeit und der ganze Rest samt Kontoführung, Rechnungskontrolle etc.
Abends kommt mein Mann nach Hause und möchte auch Zeit mit mir verbringen.
Dann habe ich noch meinen Sport. Nichts Weltbewegendes, ich bin ja eher der Sportmuffel, aber nach den ewigen Rückenproblemen muss es jeden Tag eine Stunde entweder Wandern oder Rückengymnastik sein, damit ich nicht wieder vor lauter Verspannungen wochenlang ausfalle. Das zieh ich schon seit einigen Monaten durch und fühl mich gut damit.
Noch ein Teil meines Lebens: Freunde. Auch sie sind wichtig und etwas, wofür ich meine Zeit gern verplane.

Mir bleiben also im Schnitt vielleicht ein bis zwei Stunden am Tag, an denen ich ... genau: an meinen Büchern arbeiten kann. Denn darum geht es ja. Ihr erinnert euch? Um Bücher. 

In diesen zwei Stunden muss ich also:
  • neue Ideen entwickeln (wer das schonmal gemacht hat, weiß, dass es nicht in zwei Stunden getan ist)
  • einen Plot erarbeiten, sprich: erst einen groben Handlungsverlauf, dann einen detaillierten mit allen Charakteren, Einzelschritten, Wendungen etc.
  • aktuelle Projekte überarbeiten (mehrmals, wie ihr ja wisst, damit es auch gut wird)
  • Lektorate, Korrektorate und Druckfahnen durchgehen, um auch noch den letzten Fehler zu finden
  • Klappentexte und Exposés schreiben
  • Buchsatz machen
  • Neuerscheinung bei Großisten und auf anderen Portalen melden
  • Bücher verschicken (signieren, einpacken, kleines Dankeschön und Karte dazu, Paketschein erstellen, webringen)
  • Marketing machen (es geht ja nunmal nicht ohne), das heißt konkret: Pressemitteilungen zu Neuerscheinungen und Leseterminen schreiben, sich um Lesungen bewerben oder selbst organisieren, Lesungen vorbereiten, Lesungen geben (meist mit Anfahrt, denn hier im Dorf ist nix los), Werbesprüche kreieren, Zitate raussuchen und sie in hübsche Form packen, Fotos von den eigenen Büchern machen, um sie besser präsentieren zu können, all diese Dinge in den Social Networks teilen, Blogbeiträge für Blogtouren etc (mit)schreiben, eigene Blogbeitäge schreiben (wie diesen hier), Interviewfragen beantworten, sonstige Buchvorstellungen machen, usw. (in Unternehmen gibt es dafür eine Abteilung mit Angestellten, die den ganzen Tag nur das machen. Hier mach ich das. Allein. Nebenbei!)
  • und dann noch (haben wir überhaupt noch Zeit übrig?), ach ja: SCHREIBEN. Und das natürlich gut, spannend, mit tiefgehenden Charakteren (allein an einem Charakter sitze ich manchmal mehrere Stunden), einer innovativen oder zumindest nicht "Einheitsbreiigen" Geschichte, mit Recherche (soll ja auch alles Hand un Fuß haben) usw usf. ... 
Ihr seht, selbst wenn ich wollte, ICH HABE KEINE ZEIT.

Möglich, dass es bei den Kolleginnen und Kollegen anders ist. Bei mir sieht es aber so aus und die Zeitfenster, die sich im Alltag überraschend auftun (sofern nicht oben schon mit berücksichtigt), nutze ich dennoch lieber zum Schreiben meiner Bücher. Denn darum geht es.


Um Bücher.

Um Geschichten.

Um die Bilder im Kopf.

Und nicht den xten Becher im Schrank.

Jetzt wird der ein oder andere vielleicht denken: na, dann geb doch Basteleien in Auftrag oder kaufe Goodies. Jaaa, könnte ich machen. Denke ich auch bei jedem Buch drüber nach (ich lass mich ja auch anstecken von all den begeisterten Goodiefotos und will das auch).
Einen Teil meiner Tantiemen stecke ich sogar in Drucksachen wie Postkarten, Lesezeichen, Aufkleber, Blöcke und kleine Aufmerksamkeiten für meine Vorbesteller und treuen Leser.

Aber ab da setzt mein wirtschaftliches Denken ein, denn das Veröffentlichen von Büchern ist ein Geschäft, ein Nebenverdienst - und wer behauptet, mit seinen zeitaufwendig veröffentlichten Büchern nichts verdienen zu wollen, der lügt, sorry. Sobald man ein Buch veröffentlicht, steckt auch eine Gewinnerzielungsabsicht dahinter, ansonsten kann man sich die Mühe sparen. Und jeder schreibt lieber schwarze Zahlen als rote. Auch Autoren.

Mein finanzielles Fenster ist, ehrlich gesagt, nicht viel größer als mein Zeitfenster. Obwohl ich mit meinen selbstverlegten Büchern schon sehr viel mehr verdiene als mit den Verlagsbüchern. Dennoch muss ich rechnen, denn ich möchte nicht jeden Gewinn eins zu eins in Goodies investieren.

Und mal ganz ehrlich: Wie viele Bücher habt ihr gekauft, weil ihr vom Verlag oder der Autorin/dem Autor ein süßes Geschenk bekommen habt? Habt ihr ein Buch nicht eher gekauft, weil euch der Klappentext angesprochen hat, ihr die Geschichte mochtet oder euch die ersten Sätze fesseln konnten?


Sollte die vom Autor so sorgfältig erdachte und mühsam zu Papier gebrachte Geschichte nicht das größte Geschenk daran sein?


In diesem Sinne: Wenn ihr meine Bücher noch nicht kennt, schaut doch mal in die Leseproben hinein. Vielleicht kann ich euch ja auch ganz ohne selbstgebastelte Goodies überzeugen.

Eure Sandra


Carin Müller sieht es ähnlich Paten statt Plunder
Zum Thema Zeitmanagement für Autoren im weitesten Sinne und Social Media im engeren gibt es übrigens hier einen schönen Artikel: 
http://augenschelm.de/2017/07/autoren-sm/

Kommentare

  1. Huhu Sandra,

    die Einstellung finde ich gut, denn wenn ich ehrlich bin, kann ich mit Goodies eh fast nie was anfangen. Lesezeichen habe ich genug, Postkarten verstauben eh nur in irgendeiner Schachtel, bis ich sie doch irgendwann wegwerfe und auch alles andere endet meistens irgendwo, wo ich es vergesse. ^^°
    Wenn schon Beilagen zu den Büchern, dann lieber etwas wirklich zu verwendendes, Stifte oder was zu Knabbern oder so, aber auch davon hat doch eigentlich jeder Mensch selbst etwas daheim. ;)
    Daher: Auch wenn eine Büchersendung mit Goodies optisch mehr her macht und man sich im ersten Moment natürlich auch darüber freut, brauche ich das nicht. :) Wie du schon sagst: Letztlich geht es um das Buch.

    Schöne Grüße
    Alica

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  2. Ich bin absolut bei dir. Lesezeichen ist immer gut, um was dabei zu haben, wenn man unterwegs nach dem Autorendasein gefragt wird, deswegen habe ich davon immer welche. Hier und da auch mal eine Postkarte mit Illustration oder wie jetzt beim E-Book only eine Postkarte mit dem Buchcover, weil es da eben keine Printausgabe gibt. Goodies landen, meiner Beobachtung nach (und am eigenen Verhalten getestet), am Ende doch wieder nur im Müll. ¯\_(ツ)_/¯

    Liebe Grüße
    Sam

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  3. Hi Sandra,
    mir geht es da so wie Alicia, auch ich kann mit Goodies meist nichts anfangen. Bei mir ist die Ressource "Platz" sehr begrenzt und irgendwelche gehäkelten oder gebastelten Beilagen sind für mich nur Staubfänger. Brauch ich nicht, will ich nicht und bin ich froh, wenn niemand sie mir schenkt.
    Dennoch habe auch ich schon sinnvolle Goodies bekommen - einen Becher und eine Tasche. Die Motive sind irre süß und erinnern mich an die Geschichte.
    War das ein Kaufkriterium? Himmel nein.
    Hätte mir ohne das Goodie was gefehlt? Auch nein.
    Ich stell mir vor, zu jedem Buch gäbe es jetzt noch einen Becher :D, danke nein.
    LG
    Daniela

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