Hier meldet sich ausnahmsweise einmal Dorian zu Wort. Für alle, die mich noch nicht kennen: Schande über euch! Nein, Spaß beiseite: ich bin Dorian Fitzgerald, auch Vampirkiller genannt, und Anführer des Fitzgerald Clans. Wie es zu diesem illustren Verbund kam, könnt ihr selbst nachlesen.
Dazu später mehr.
Jetzt möchte ich euch von einer ganz anderen Geschichte erzählen - beziehungsweise von einer denkwürdigen Begegnung mit einer jungen Frau. Einer ausgesprochen ungewöhnlichen jungen Frau ...
Kurzgeschichte
Nachtahne vs. Die Jägerin
~ Ada ~
Ein kühler Windhauch wehte die Asche des
Vampirs, dem ich eine Silberkugel ins Herz gejagt hatte, hinfort. Mit meinen
Blicken verfolgte ich ihren Weg und beobachtete, wie sie in feinen weißen
Fahnen durch die Nacht trieb und eins mit ihr wurde. Doch der Wind trug nicht
nur etwas fort, er brachte auch etwas mit sich: einen Duft nach Sandelholz und
Kardamom mit einem Hauch Vanille und Amber, der mir unerwartet in die Nase
stieg. In meiner Jägerinnen-Welt voller pockenübersäter, schleimiger, grunzender
Monster mit übel riechendem Atem und Ausdünstungen, die schlimmer riechen als
ein Schweinestall, passte dieser Geruch so gar nicht und brachte mich gehörig
aus dem Konzept.
~ Dorian
~
Es war eine jener Nächte, die sich
nur langsam dem unausweichlichen Ende beugen wollten. Ein kühler Wind war
aufgekommen und verdunkelte den Sonnenaufgang, den ich mir vom Dach des Altbaus
hatte ansehen wollen. Es war lange her, dass ich eine Nacht damit zugebracht
hatte, allein durch die Clubs und Bars zu ziehen. Manchmal tat es gut, seine
Gedanken für sich zu haben. Gerade, wenn man es, so wie ich, so lange Zeit
gewohnt war. Es half mir, die Dinge klarer zu sehen, zur Ruhe zu kommen. Genau
diese Ruhe wurde allerdings durch einen mir altbekannten Radau gestört, der in
jedem Jahrhundert gleich zu klingen schien. Geräusche, die mein altes Jägerherz
stets höher schlagen ließen. Kampfeslärm. Schnell hatte ich die Quelle dieser
willkommenen Störung ausgemacht und sprang frohlockend vom Dach herunter.
In der Gasse traf ich überraschender
Weise auf eine Frau. Noch dazu eine recht hübsche, aber nicht sonderlich
kräftig gebaute. Für einen Moment dachte ich, dass sie unmöglich Ursache des
Kampfeslärm gewesen sein konnte. Bis sie sich umdrehte und ich den Ausdruck in
ihren Augen sah. Ich wusste sofort, wen ich da vor mir hatte.
~ Ada ~
Langsam drehte ich mich herum und da stand
es: das wohl bestaussehende Geschöpf der Nacht, das ich je gesehen hatte.
Moment mal! Was rede ich denn da? Ich hatte noch nie einen Vampir für
gutaussehend empfunden. Aber wenn ich ehrlich sein sollte: Er war gutaussehend. Natürlich reichte er
nicht an meine persönliche Sahneschnitte, Pater Michael, heran, aber er war
definitiv mehr als ansehnlich.
„Du jagst in meinem Revier“,
bemerkte er mit einer angenehmen tiefen Stimme, die mir einen wohligen Schauer
über den Rücken jagte und mich beinahe dazu brachte, ihn anzuflehen,
weiterzusprechen.
Erschrocken über mich selbst und derlei
abstruse Gedanken über Stimmen fremder Männer, schüttelte ich den Kopf. Sofort
war mir, als würde ein Vorhang gelüftet werden. Das konnte nur bedeuten, dass
der schöne Unbekannte eine unsichtbare Magie wirken ließ. Ich hatte so etwas
schon einmal erlebt. Es war nicht gut ausgegangen – für den Vampir.
„Falsch! Du jagst in meinem“, korrigierte ich ihn.
„Du weißt wohl nicht, wer ich
bin?“, fragte er und kam lächelnd näher, was mir gar nicht gefiel.
„Na, na“, sagte ich, „nicht näher kommen.
Schön stehenbleiben!“ Ich hob meinen Arm und zielte mit der Pistole, die zuvor
schon seinen Artgenossen in die ewigen Jagdgründe befördert hatte, auf seine
Brust. „Du weißt wohl nicht, wer ich
bin. Bist wohl neu hier in der Gegend, was?“
Seine gepflegten Augenbrauen flohen vor
Verwunderung bis hinauf auf die Stirn. „Neu? Ich? Ganz
gewiss nicht. Ich war schon hier, bevor Deine Urururur-Großeltern überhaupt auf
die Idee kamen, sich fortzupflanzen.“ Er runzelte die Stirn, als ich nicht auf
die Worte reagierte. „Das scheint dich wenig zu beeindrucken.“
Ich zuckte lässig mit den Schultern. „Nicht
wirklich. Ich habe schon zu viel durchgemacht, als dass mich irgendetwas
überraschen könnte. Abgesehen davon ist es mein Job, alles zu wissen, zu sehen,
zu hören und alles und jeden zu kennen.“
„Und dennoch hast du mich nicht
kommen sehen.“
Auf den Mund gefallen war er jedenfalls
nicht. Ein Mann ganz nach meinem Geschmack. Stopp! Das darf doch wohl nicht
wahr sein?! Schon zum zweiten Mal verhexte
er mich. Reiß dich gefälligst zusammen,
Ada!
„Du weißt ja wie das ist: Ausnahmen
bestätigen die Regeln“, erwiderte ich.
„Wenn das so ist, sollte ich
vielleicht auch eine Ausnahme machen?“, sagte er in einem ruhigen Ton. Ich
konnte förmlich spüren, wie dieser mich einhüllte und mich entspannen ließ.
Langsam ging er um mich herum. Sein Blick brannte auf meiner Haut. Sie
prickelte, als würden tausend kleine Nadeln in sie stechen. „Normalerweise
lasse ich niemand am Leben, der mir in die Quere kommen könnte. Außerdem bin
ich durstig. Sehr durstig.“ Sein kalter Atem strich mir über den Nacken, und
ich erschauerte unwillkürlich.
Ein leises Lachen, geschaffen für intimste
Momente der Zweisamkeit, jagte mir zusätzlich eine Gänsehaut über den Rücken. Die
Empfindungen, die dieser Fremde und noch dazu Vampir, in mir auslöste, kannte
ich nur von meinem Zusammensein mit einem Mann: meinem Lehrer, meinem Mentor,
meinem Seelenverwandten – Pater Michael. Michael,
rief ich in Gedanken seinen Namen. Ich musste mich auf ihn konzentrieren. Er war
meine Rettungsleine, der Einzige, der mich davor bewahren konnte, dass ich mich
vollends von dem verführerischen Vampir einlullen ließ.
„Du bist nicht wie die anderen
Frauen“, sagte er und war zu nah an meinem Ohr.
Dennoch rührte ich mich nicht. Ich konnte
nicht. Wieso fiel es mir so schwer, verdammt? „Das siehst du völlig richtig.
Ich bin anders – mutiger, gefährlicher und ich durchschaue dich. Und deshalb
bin ich dein Untergang, Vampir.“
Der Vampir lachte. Nicht zu laut
und mit genug ehrlichem Humor, dass ich mich nun doch zu ihm umdrehte. „Und
zweifellos leidest du an maßloser Selbstüberschätzung.“
~ Dorian ~
Was für eine sonderbare Person.
Leute, die mir drohten, war ich, weiß Gott, gewohnt. Doch diese Frau hier,
diese Kämpferin, drohte mir nicht einfach. Es war ihr vollkommen ernst. Sie
hätte meinem Schöpfer, Gerald Baffour, gefallen. Ich war noch nie der Typ, der
sich für unbeugsame Gespielinnen interessierte. Dennoch konnte ich eine gewisse
Neugierde nicht leugnen. Wer war diese Person? Was tat sie hier? Und, was noch
viel wichtiger war, welchen Kampf focht sie augenscheinlich aus? Sie musste doch
erkennen, dass sie eine Konfrontation mit mir, dem Vampirkiller, nicht
überleben würde. Dennoch reckte sie mir unnachgiebig das Kinn entgegen, als
wäre ich ihr schlimmster Feind. War ich das? Ich tötete schon seit Jahren nicht
mehr wahllos. Das war heutzutage gar nicht möglich, wo die Welt so klein
geworden war, überall Überwachungskameras und Smartphones lauerten, die einem
bei allem möglichen ablichten wollten, um es im Internet zu verbreiten.
Sonderbar, dass ich über sie, diese Jägerin, noch nie im WWW gestoßen war. Wie
auch immer …
„Ich denke, das Beste wird sein, du
kommst mir nicht noch einmal in die Quere.“ Ich wollte ihr nicht drohen, aber …
doch, ich drohte ihr mit voller Absicht.
„Sonst was?“, fragte sie, ganz
Kampfbereitschaft auf zwei Beinen.
„Sonst werde ich dein Untergang
sein. Jägerin.“ Ich grinste und ließ sie meine Fangzähne sehen. Allerdings
beeindruckte sie das wenig.
„Ich behalte dich im Auge“, sagte
sie
„Und ich behalte dich im Auge“,
erwiderte ich und ging.
Das habe ich auch getan, doch die Frau kam mir nicht noch einmal in die Quere.
Auch könnt sie im Auge behalten: In der Reihe "Die Jägerin" erzählt sie ihre Abenteuer, ebenso wie ich meine Geschichte in der "Nachtahn"-Reihe erzähle.
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"Die Jägerin" von Nadja Losbohm |
Nä, wat geil!!! Da ich Fan von euch beiden bin .... HAMMMMMAAAA :)
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