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Mit Marco Ansing unter Dampf auf der Nordcon

Heute habe ich Marco Ansing, das Multitalent zu Besuch. Er plaudert über seine Liebe zum Geschichten Erzählen, sein Studium zum Historiker, unseren Auftritt auf der Nordcon und über seinen Steampunk-Western. Steampunk-Western kennt ihr nicht? Dann lest unbedingt weiter bei: Dampfmaschinen und rauchende Colts!



Buchtitel
„Dampfmaschinen und rauchende Colts“, ein Western-Steampunk
Offiziell: Cernohuby, Stefan / Schroeder, Wolfgang: „Dampfmaschinen und rauchende Colts“,  Verlag Torsten Low 2014, ISBN: 978-3-940036-27-8.

Genre/Zielgruppe
Steampunk-Western/Freunde der etwas anderen Phantastik

Eigene kurze Vorstellung
Es handelt sich um eine Anthologie. Mehrere Autoren haben sich zusammen hingesetzt, unter anderem meine Wenigkeit, und entschlossen, einen Steampunk-Western zu schreiben. Es geht um einen Erfinder, der eine bahnbrechende neue Dampfmaschine entwickelt hat. Urplötzlich haben verschiedene Mächte großes Interesse an ihm. Und so kommt, was kommen muss: Er wird entführt und von der West- zur Ostküste Amerikas verschleppt. Unterwegs taucht er immer wieder in verschiedenen Kurzgeschichten auf, die von den einzelnen Autoren geschrieben wurden. So entstand eine Anthologie, deren einzelne Storys fest miteinander verknüpft sind.
In meiner Geschichte „Queen Victoria auf der Rinderzucht“ geht es um einen Postkutschen-Fahrer: Er wird unfreiwillig Mitglied einer Luftpiratenbande und muss eine vollautomatische Rinderzucht überfallen.

Wie ist Dir die Idee zu dieser Geschichte gekommen?
Ich hatte schon immer vor, meine Idee von Captain Silversteam, dem Gentleman-Luftpiraten, umzusetzen. Als wir dann die Anthologie beschlossen haben und die einzelnen Reisepunkte des Erfinders arrangierten, fiel meine Wahl auf die vollautomatische Rinderzucht. Ich überlegte, wie man eine lustige Geschichte darum schreiben könnte. Da fiel mir einerseits Captain Silversteam ein und ein Postkutschenfahrer. Der Reiz lag darin, zwei so fremde Charaktere in einer verrückten Geschichte zusammenzufügen.

Was ist das Besondere an Deinem Buch? Warum sollten die Leser gerade Dein Buch kaufen?
Steampunk-Western ist eine besondere Spielart des Steampunk: Verrückte Maschinen im 19. Jahrhundert, kurz „Retrofuturismus“. Wenn man Jules Vernes Geschichten in den Wilden Westen setzt, dann erhält man ein Gefühl zu diesem Buch. Außerdem ist es spannend, die Abenteuer des Erfinders von der ersten bis zur letzten Geschichte mitzuerleben.

Hast Du eine Lieblingsstelle?
Hier und da zischte es wenn Wasserdampf abgelassen wurde. Die ratternden Kolben füllten den Raum mit dem Geruch von Maschinenöl.
»Macchina del diablo«, murrte Luis neben mir.
»Mit dem Futter für die Rinder könnte man hunderte Menschen ernähren. Stattdessen wird es hier verschwendet, um einigen wenigen neureichen Ostküstlern jeden Tag ein Steak auf den Teller zu hauen.« Das war Cathy, die mit großem Abscheu auf die Mischmaschine blickte.
»Nicht trödeln.« Silversteam war schon einige Meter weiter und kletterte über zwei gewaltige Pumpen. Diese Geräte dienten wohl der Gewinnung von Grundwasser, das bei so vielen Rindern nötig war.

Magst Du uns ein bisschen mehr über Dich erzählen?
Ich wurde 1981 geboren und liebte schon von Kind an Geschichten. Wenn ich keine erzählt bekam oder per Hörspiel hören konnte, da erfand ich selbst welche. Es gibt ein Bild, wo ich meinem jüngeren Bruder eine Geschichte erzähle: Ein Kinderbuch falschherum in der Hand. Kaum konnte ich schreiben, wurde auch schon Belletristik produziert. Nicht sehr gut, aber einige Ideen fanden sogar ihren Weg in die Gegenwart. Ich liebte Geschichten, auch Sagen und Erzählungen, aber auch Mysterien der Vergangenheit und so war es nur folgerichtig, dass ich Geschichte studierte. In diesem Fachbereich habe ich auch meine Doktorarbeit geschrieben. Mit historischen Romanen befasse ich mich allerdings nicht, da bin ich als Wissenschaftler zu kritisch. In der Zwischenzeit arbeite ich als Journalist. Ich habe einen chaotischen Schreibtisch, liebe grünen Tee und klettere gerne (Bouldern). Im Moment arbeite ich an einem Filmdrehbuch und einem Roman – gleichzeitig. Wie ich das mache? In der U-Bahn. Jeden Tag brauche ich eine Stunde zur Arbeit. Genug Zeit, auf dem Tablet das eine oder andere niederzuschreiben.

Du bist ja ein wahres Multitalent: Historiker, Bühnenakrobat und Hörspielprofi. Und Schreiberling. Wofür schlägt Dein Herz am meisten?
Keine einfache Frage. Vielleicht sollte ich versuchen das Ganze in eine Chronologie zu setzen. Ich schreibe Kurzgeschichten, wandele sie in Skripte um und spiele sie dann auf der Bühne. Aus den Skripten kann man sowohl Hörspiele produzieren, als auch theatergleiche Inszenierungen. So kann ich alles verbinden. Die Fähigkeiten als Historiker helfen mir bei einer guten Recherche, etwa im Bereich Steampunk, wenn es um die Kultur des 19. Jahrhunderts geht. „Bühnenakrobat“ ginge etwas zu weit, aber tatsächlich springe, tanze und schauspielere ich auf der Bühne, um meinen Geschichten Leben einzuhauchen. Aus dem Hörspielbereich habe ich die Möglichkeit erlernt, meinen Inszenierungen (gerne auch Live-Hörspiel genannt) mit Sounds auszustatten. Ich denke, dass mein Herz am meisten für die Bühnenpräsentation eines neuen Stoffes schlägt. Und zwar dann, wenn ich das Publikum begeistern kann, sie interaktiv einbinde und mit auf eine Reise nehme.

Wenn ihr Marco Ansing live sehen wollt, geht das schon bald. Auf der Nordcon am Hamburg werden wir meine Vampire in Marcos Wilden Westen schicken und Janika Hoffmann ins Gepäck packen - bildlich gesprochen.
Am Sonntag, 14.06.15, um 10 Uhr:
Leseabenteuer – Die Interaktive Autorenshow

Geheimnisvoll, gefährlich und verrucht: Vampire und Bestien stehen von 10 bis 12 Uhr für Euch unter Dampf. Seid dabei, wenn die Autoren Janika Hoffmann, Sandra Florean und Marco Ansing in ihrer interaktiven Lese-Show beweisen, dass düstere Bestien ein Herz haben und dampfende Maschinen eine zerstörte Welt perfekt untermalen. Erfahrt über den Alltag von Vampiren, welche Macht in alten Gemäuern steckt und warum Queen Victoria im Wilden Westen ist. Erlebt, wie die Drei für Euch über Stühle turnen, in immer wieder andere Figuren schlüpfen, sich mit Requisiten bedrohen und Euch einbinden. Eure Zurufe werden Teil der Geschichte: Ihr seid die Soundmachine, die den Autorenbeiträgen Tiefe verleiht.
 

Wir haben uns schon einmal über das Plotten, sprich: dem stichpunktartigem Vorentwickeln von Geschichten unterhalten. Kannst Du uns dafür ein paar Tipps geben? Wie gehst Du vor? Wie schaffst Du es, Dich beim Schreiben auch an den Plot zu halten und keine neuen Ideen einfließen zu lassen?
Also so sklavisch, wie Du das beschreibst, halte ich mich nicht an mein Plotdesign. Zuerst aber mache ich mir eine Übersicht über die Handlung der Geschichte. Oft teile ich das bereits in Szenen auf. Dann überlege ich mir das eine oder andere zu den Charakteren. In meinem Kopf haben sich dann bereits Szenen entwickelt. Sie sind wie schimmernde Perlen, ich muss sie nur noch mit einer Kette verbinden. Und da geht das Schreiben los. Unterwegs kann es dann schonmal passieren, dass mein Plotting keinen Sinn mehr macht, und ich etwas ändern muss. Hier und da noch einen Wendepunkt einbaue, oder einfach neue Ideen einfließen lassen muss, um die Geschichte noch dichter zu bekommen. Ich arbeite sehr gerne mit einem Plan und kann es jedem nur empfehlen. Mein Tipp bei den Wendepunkten: Mit was würde man jetzt gar nicht rechnen? Und passt das zur Geschichte? Wenn ja: Sofort einbauen! Dann denkt der Leser „Wow, großartige Idee!“

Wo ist die Herausforderung beim Schreiben bei einem Hörspiel und einer Kurzgeschichte bzw. einem Roman? Wo unterscheiden sich die Arbeitsweisen möglicherweise?
Alles erfordert Fleiß und Durchhaltevermögen. Hörspiele sind jedoch sehr viel dialoglastiger. Viele Dinge, die man im Roman durch Beschreibungen löst, müssen im Hörspiel über die Sprache der Figuren bzw. durch Sounds gelöst werden. Dabei darf es nicht platt werden: „Sieh nur, das dreiköpfige Monster spuckt Schleim und glitscht herbei. Oh wie grauenhaft!“ Das Monster könnte man durch einen widerlichen Sound darstellen und der sprechende Schauspieler könnte einfach nur in völliger Panik sagen: „Oh Gott!“ Kurzgeschichten hingegen starten völlig anders als ein Roman, hier muss man sehr schnell in die Handlung, sofort den Leser packen und ihn nicht mehr loslassen. Auf nur wenigen Seiten muss eine prägnante Geschichte geschrieben werden, die selbst am Ende erstaunen sollte. Ein Roman hat meist eine Prologszene, danach einen langsamen Aufbau, dann kommt – man kennt es aus dem Deutschunterricht der Schule – ein Höhepunkt, und schließlich gleitet es schon ins ruhige Ende. Dazwischen sind natürlich diverse Wendepunkte, die die Spannung erhalten. Aber: Eine Kurzgeschichte muss das alles in weniger Seiten schaffen.
Meine Herangehensweise ist allerdings überall gleich: Erstmal ein gutes Plotting und dann geht es auch schon los.

Wie wird es mit Dir schriftstellerisch weitergehen?
Ich habe mich recht breit aufgestellt, aber meine Bühnenstücke sollen weiter ausgebaut werden. Trotzdem wird es aller Voraussicht zu Weihnachten diesen Jahres meinen ersten Roman geben: „Cungerlan“, eine Science-Fiction-Komödie.  So viele andere Projekte fliegen mir noch im Kopf herum. Ich liebe es, Kunst zu kombinieren, etwa mit Musikern meine Live-Hörspiele zu veranstalten oder gemeinsam mit Illustratoren aufzutreten.

Zum Abschluss ein paar Quickies:
Cola oder Bier? Bier, am liebsten alkoholfrei
Schokolade oder Gummibärchen? Schokolade
Zelten oder 5-Sterne-Hotel? Sowohl als auch. Mein Zelturlaub war einer der tollsten, aber kürzlich wurde ich für eine Show gebucht und schlief im 4-Sterne-Hotel, das war schon ziemlich genial.
Hund oder Katze? Schwierig, aber ich sage Hund.
Wolverine oder Dracula? Oh Mann, Du machst es mir nicht leicht. Ich sage Dracula.

Autorenseite, Blog, Facebook, Amazon, Lovelybooks o.ä.

Vielen Dank, Marco, für Deine Zeit und Deine tollen Antworten. Mich hast Du auf jeden Fall mit Steampunk-Western infiziert und obwohl ich einen Buchkaufstopp habe, muss ich mir die Anthologie jetzt doch kaufen!

Ich habe Marco lustigerweise auf der Leipziger Buchmesse das erste Mal getroffen - schaut unbedingt mal auf seinem Youtube-Channel vorbei, er hat da nämlich allerhand interessante Leute interviewt! Einmal haben wir bereits zusammen gelesen. Es war ein Heidenspaß und ich freu mich schon wahnsinnig auf die Nordcon, wo wir das Ganze noch toppen werden. Nicht verpassen: Sonntag, 14.06., 10 Uhr Nordcon, Hamburg.

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